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DR Kongo: M23 verjagt Vertriebene aus Lagern in Goma

Von Ruanda unterstützte bewaffnete Gruppe sollte rechtswidrigen Räumungsbefehl widerrufen

Menschen, die durch die Kämpfe zwischen der bewaffneten Gruppe M23 und den kongolesischen Regierungstruppen vertrieben wurden, verlassen ihr Lager auf Anordnung der M23 in Goma, Demokratische Republik Kongo, 11. Februar 2025. © 2025 AP Photo/Moses Sawasawa

(Nairobi, 13. Februar 2025) – Die von Ruanda unterstützte bewaffnete Gruppe M23 hat Zehntausende Vertriebene unrechtmäßig aufgefordert, die Lager in der Umgebung von Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu verlassen, so Human Rights Watch heute.

Seit die M23 am 27. Januar 2025 die Kontrolle über Goma übernommen hat, sind viele Vertriebene in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt oder nach Goma geflohen, wo sie unter katastrophalen Bedingungen und mit begrenzter oder gar keiner humanitären Hilfe konfrontiert sind. Am 9. Februar teilte die M23 den Verantwortlichen und Bewohnern der Lager westlich von Goma, der Provinzhauptstadt von Nord-Kivu, mit, dass sie 72 Stunden Zeit hätten, um die Stadt zu verlassen. Gemäß dem humanitären Völkerrecht, welches auf den bewaffneten Konflikt im Osten des Kongos anwendbar ist, ist die Zwangsumsiedlung von Zivilisten verboten, es sei denn, ihre Sicherheit oder zwingende militärische Gründe sprechen dagegen.

„Der Befehl der M23, Zehntausende Vertriebene gewaltsam aus den Lagern in Gebiete ohne Unterstützung zu vertreiben, ist nicht nur grausam, sondern auch ein mögliches Kriegsverbrechen“, sagte Clémentine de Montjoye, leitende Afrika-Forscherin bei Human Rights Watch. “Ruanda und andere Länder, die Einfluss auf die M23 haben, sollten die bewaffnete Gruppe dazu anhalten, ihren Kurs sofort zu ändern.“

Im Februar sprach Human Rights Watch mit 22 ehemaligen Lagerbewohnern, Verantwortlichen der Lager und Augenzeugen von Übergriffen und analysierte Satellitenbilder, die die demontierten Lager nördlich von Goma zeigten.

Vor der Offensive der M23 und ruandischen Streitkräfte auf Goma im Januar lebten in der Stadt über eine Million Einwohner und über eine halbe Million Vertriebene, die meisten in Vertriebenenlagern nördlich und westlich der Stadt. Während der Kämpfe wurden nach Angaben der Vereinten Nationen fast 3.000 Kombattanten und Zivilisten getötet und Tausende weitere verletzt.

Zwei Mitarbeitende humanitärer Hilfsorganisationen und mehrere Bewohner der Lager berichteten, dass die M23 am 9. Februar die Menschen in den Lagern Bulengo und Lushagala westlich von Goma, in denen insgesamt über 100.000 Menschen untergekommen waren, aufgefordert hatte, innerhalb von 72 Stunden zu gehen. Seit die M23 den Befehl erteilt hat, wurde das Lager Lushagala geplündert und humanitäre Organisationen sind nicht mehr in der Lage, dort ihre Arbeit zu verrichten, berichteten ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation sowie ein Augenzeuge Human Rights Watch.

„Wir haben versucht zu erklären, warum wir immer noch hier sind“, sagte ein Bewohner des Lagers, der bei dem Treffen mit der M23 anwesend war. „Die meisten von uns haben kein Zuhause mehr, einige sind behindert und brauchen Unterstützung beim Reisen, andere haben große Familien. Wir haben nichts zu essen, um uns während der Reise zu versorgen. Aber sie [die M23] antworteten auf all unsere Bedenken mit den Worten: ‚Gesagt ist gesagt. Bis Donnerstag müssen alle weg sein.′“

Ein Mann, der Ende Januar vor den Kämpfen in Goma geflohen war, sagte: „Wir wissen, dass die M23, wenn sie irgendwo ankommen, alle vertreiben und die Lager schließen. Das machen sie überall, wo sie hinkommen.“

Am 12. Februar wurde auch ein Lager namens Lushagala Extension aufgelöst. Human Rights Watch erhielt am 13. Februar Fotos, Videos und einen Zeugenbericht, aus denen hervorgeht, dass die lokale Bevölkerung und die Bewohner des Lagers Unterkünfte und medizinische Einrichtungen zerstört hatten und einige Vertriebene Goma verließen. Die Zeugenaussage besagte, dass M23-Funktionäre und Lagerleiter anwesend waren und nicht reagierten, als das Lager aufgelöst wurde.

Ende Januar berichtete eine Person aus der Stadt Minova in Süd-Kivu, westlich von Goma, dass die M23 Vertriebenenlager aufgelöst und die Bewohner des Lagers vertrieben habe. Die M23 habe den Bewohnern mitgeteilt, dass sie keine weitere Hilfe erwarten und nach Hause zurückkehren sollten. Ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation berichtete, dass die M23 im Januar den Leitern der Lager in den Städten Minova und Masisi mitgeteilt habe, dass die Lager geschlossen werden sollten und Hilfsorganisationen den in den Lagern verbliebenen Menschen nur unter bestimmten Bedingungen helfen könnten.

Mitarbeitende von Hilfsorganisationen und Vertriebene berichteten, dass keines der Lager im Gebiet Nyiragongo nördlich von Goma mehr existiere und dass die Bewohner entweder nach Hause zurückgekehrt seien oder in Kirchen, Schulen und Gastfamilien in der Nähe oder in der Stadt untergekommen seien.

Am 3. Februar teilte das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten mit, dass drei Vertriebenenlager nördlich von Goma, Don Bosco, Bushagara und EP Mbogo, zerstört und verlassen worden waren und dass sich mehr als die Hälfte der Vertriebenen auf dem Weg in ihre von der M23 kontrollierten Heimatgebiete befanden. Es gab widersprüchliche Ansichten darüber, wer die Lager abgebaut hatte, obwohl es den Anschein hat, dass die lokale Bevölkerung dafür verantwortlich war.

Satellitenbilder vom 31. Januar, die von Human Rights Watch analysiert wurden, zeigen, dass die Menschen praktisch alle Lager im Gebiet von Nyiragongo verlassen haben. Wo früher Unterkünfte standen, sind nur noch Trümmer zu sehen.

Mitarbeitende humanitärer Hilfsorganisationen berichteten, dass sich am 11. Februar noch immer Zehntausende von Menschen in einigen der Lager westlich von Goma aufhielten, darunter viele, die zunächst vor der näherrückenden M23 geflohen waren, dann aber zurückgekehrt waren. Sie berichteten, dass andere Lager in der Gegend verlassen, geräumt oder zerstört worden seien und dass 80 Prozent der Bewohner nun bei der lokalen Bevölkerung oder in überfüllten Unterkünften in Goma oder in der näheren Umgebung leben würden.

Am 10. Februar gab die Alliance Fleuve Congo (AFC), eine politisch-militärische Koalition, der die M23 und andere bewaffnete Gruppen und politische Parteien angehören, in einer Erklärung bekannt, dass „Binnenvertriebene freiwillig in ihre jetzt gesicherten Häuser in befreiten Gebieten zurückkehren. Die AFC/M23 unterstützt und fördert diesen Prozess voll und ganz, zwingt aber niemanden zur Rückkehr, ohne feste Sicherheitsgarantien zu geben.“

Am 13. Februar wandte sich Human Rights Watch schriftlich an den AFC-Koordinator Corneille Nangaa Yobeluo, um Informationen über die Aufforderungen der M23 an die Bevölkerung, die Lager zu verlassen, und um zu erfahren, ob sie die Hilfe für Vertriebene in Goma und in ihren Heimatstädten ermöglichten. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war jedoch noch keine Antwort eingegangen.

Die Kämpfe in Goma zwischen den M23, ruandischen Streitkräften und dem kongolesischen Militär sowie verbündeten Milizen und die anschließende Plünderung von Lagereinrichtungen haben die Aktivitäten humanitärer Gruppen, darunter auch die Bereitstellung lebenswichtiger Hilfe für Vertriebene und gefährdete Menschen in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu, erheblich beeinträchtigt. Der Flughafen von Goma ist seit die M23 die Kontrolle über die Stadt übernommen hat, geschlossen, wodurch neue Lieferungen wichtiger Hilfsgüter unterbrochen wurden.

Viele Vertriebene sagten, sie könnten ohne wochen- oder monatelange Unterstützung durch humanitäre Gruppen nicht in ihre Heimatgebiete zurückkehren, da ihre Anbauflächen nicht vorbereitet seien, es dort keine andere Nahrungsmittelunterstützung gebe und ihre Häuser und die Gesundheitsinfrastruktur zerstört worden seien. Einige äußerten sich besorgt über nicht explodierte Munition und die Anwesenheit bewaffneter Männer in ihren Heimatstädten und sagten, es sei nicht sicher, zurückzukehren.

Die M23 und die ruandischen Streitkräfte, die Goma kontrollieren, sollten unverzüglich sicherstellen, dass Zivilisten, einschließlich Vertriebene, nicht unrechtmäßig von ihren Vertriebenenlagern umgesiedelt werden und ihnen der Zugang zu überlebenswichtigen Gütern wie Wasser, Nahrung, Unterkunft und Medikamenten nicht verwehrt wird. Die M23 und die ruandischen Streitkräfte sollten außerdem Zivilisten, die die Stadt verlassen wollen, eine sichere Durchreise von Goma in Gebiete ermöglichen, die von kongolesischen Streitkräften kontrolliert werden.

Die UN, regionale Organisationen und internationale Geldgeber sollten die ruandische Regierung und die M23 dazu anhalten, die Gesundheit und das Wohlergehen der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß den internationalen Menschenrechten und dem humanitären Völkerrecht zu gewährleisten, so Human Rights Watch. Sie sollten alle Kriegsparteien dazu drängen, den Zugang zu humanitärer Hilfe zu gewährleisten und die Bewegungsfreiheit der Mitarbeitenden humanitärer Hilfsorganisationen sicherzustellen.

„Die ruandischen Streitkräfte und die M23 sollten sich an das humanitäre Völkerrecht halten und die unrechtmäßige Vertreibung von Zivilisten unverzüglich einstellen“, sagte de Montjoye. “Die betroffenen Regierungen sollten alle Parteien dazu drängen, die Rechte der Vertriebenen zu wahren und sicherzustellen, dass der Zugang zu humanitärer Hilfe vollständig wiederhergestellt und geschützt wird.“

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